Einzelausstellung von Cornelia Herfurtner; in kuratorischer Zusammenarbeit mit Sylvia Sadzinski & Katharina Koch; mit einer Soundinstallation von Betül Merve Tekoğlu; inklusiver Kulturvermittlung mit Katrin Dinges; Veranstaltungen mit Elke Steven, Katharina Gamm, Annalisa Cananzi, Cora Mohr, Lee Stevens, Suna Qu und Amina Été.
Ausstellung 22.04.-03.06.2023 // Mi–Sa 16:00-19:00
Eröffnung 21.04.2023 // 19:00
Die Ausstellung Von Luftmatratzen, Stroh und anderen Waffen präsentiert neue Arbeiten aus Cornelia Herfurtners Werkzyklus Was ist eine Waffe? (seit 2020). Die großformatigen Holzreliefs, die an Schutzschilde erinnern, zeigen Stillleben von Gegenständen, die in der BRD als sogenannte „passive Waffen“ verhandelt wurden und changieren aufgrund der räumlichen Installation der Reliefs zwischen Bild und Skulptur.
Ausgangspunkt des Ausstellungsprojektes ist die Einschränkung der Versammlungsfreiheit durch die Einführung der sogenannten passiven Bewaffnung in der Bundesrepublik Deutschland. Der 1985 eingeführte Paragraph 17a Versammlungsgesetz (VersG) macht es möglich, Schutzkleidung und Alltagsgegenstände, die im zivilen Leben dem Erhalt der körperlichen Unversehrtheit dienen, als ‘passive Waffen’ oder ‘Schutzwaffen’ zu kriminalisieren, wenn sie bei politischen Versammlungen unter freiem Himmel getragen oder mitgeführt werden. Seit 1985 wurden in Gerichtsprozessen Gegenstände wie etwa Fahrradhelme, Handschuhe, Schwimmbrillen, Baseballmützen, Klarsichtfolien oder Luftmatratzen als Schutzwaffen verhandelt. Ein Versuch der Polizei, Protestierende über das Mitführen von Stroh auf Protesten zu kriminalisieren, wurde von Gerichten in Nordrhein-Westfalen abgewehrt.
Herfurtners Holzreliefs machen den repressiven Charakter und die kontextabhängige Willkür bei der Definition von Waffen im Allgemeinen und passiver Bewaffnung im Besonderen deutlich. Wer bestimmt, was eine Waffe ist? Was ist Schutz und Schild? Und wer verteidigt was?
Die Künstlerin hinterfragt, wie Gewalt im demokratischen Staat hervorgebracht und gleichzeitig verdeckt wird und untersucht die Deutungsmacht über den öffentlichen Raum.
Die räumliche Installation wird ergänzt durch ein Soundstück von Betül Merve Tekoğlu und begleitet von einem Rahmenprogramm, welches Geschichte und Gegenwart der Versammlungsfreiheit diskursiv einbettet, und in aktuellen feministischen Praxen verortet und erweitert. Zum Ende der Ausstellung erscheint eine Publikation.
PROGRAMM
Damit wir die Zugänglichkeit zu allen Veranstaltungen gut gestalten können, teilt uns besondere Bedürfnisse bitte per e-mail mit: mail@alpha-nova-kulturwerkstatt.de
Die Veranstaltungen finden in deutscher Lautsprache statt. Flüsterübersetzungen ins Englische werden wir nach Bedarf vor Ort gemeinsam organisieren. Kinder sind willkommen.
Never relinquish the streets! – 03.05. 2023 // 19:00
Diskussion zur Geschichte des Versammlungsrechts
mit Elke Steven (Soziologin) und Katharina Gamm (Fachanwältin für Strafrecht). Die Veranstaltung wird moderiert von Cornelia Herfurtner.
Welche Folgen hat die Anwendung des Paragraphen 17a (§17 a VersG) auf soziale Bewegungen und Proteste? Und welche Praxen stellen sich der Einschränkung von demokratischen Rechten entgegen? In dieser Veranstaltung geht es um Geschichte und Gegenwart der Versammlungsfreiheit in der BRD.
Berührungen und Selbstschutz? – 05.05.2023 // 15:00
Inklusive Kunstvermittlung
mit Katrin Dinges (Künstlerin, Kunst- und Kulturvermittlerin)
Gemeinsam nähern wir uns der Ausstellung mit unseren Fingern und Händen. Welche Vorstellungen erzeugt diese Art der Wahrnehmung in uns? Und welche Rolle spielen (gemeinsame) Berührungen in unseren Leben?
Betül Merve Tekoğlu: Sirens – 10.05-13.05.2023 // 16:00-19:00
Konzept und Komposition: Betül Merve Tekoğlu // Sound: Baptiste Moulin
Die 4-Kanal Soundinstallation Sirens der Künstlerin Betül Merve Tekoğlu beschäftigt sich mit akustischen Strategien von Fürsorge, Solidarität und Widerstand in feindlichen Umgebungen.
Nicht eine* weniger – 13.05.2023 // 15:00
Intergenerationaler Roundtable zu autonomer feministischer Organisierung
mit Annalisa Cananzi (E.A.S.T. – Essential Autonomous Struggles Transnational), Cora Mohr (FrauenLesbenGruppe Frankfurt a.M.), Lee Stevens (Kollektivfragment der Raumerweiterungshalle und Teile, Künstler*in und Sorgearbeiter*in, Berlin) und Suna Qu (politische Bildungsarbeit, Berlin). Die Veranstaltung wird moderiert von Amina Été und Cornelia Herfurtner
Welche Formen hat emanzipatorische Politik heute? In dieser Veranstaltung werden die Teilnehmenden aus ihrer politischen Arbeit berichten. Wie sind sie organisiert? Wie gestalten sie ihre Praxen?
Cornelia Herfurtner ist Bildende Künstlerin und lebt in Berlin.
Von September bis November 2022 war sie als Stipendiatin des Berliner Senats für kulturelle Angelegenheiten in New York City und forschte zu sozialen Bewegungen und der Geschichte engagierter Kunstpraxen von Occupy bis Decolonize this place.
Ausstellungen u.a. bei Neuer Berliner Kunstverein, Berlin (2023), Millenium Film, New York City (2023), Mélange, Köln (2022), Very Project Space, Berlin (2021), Kunstverein Tiergarten | Galerie Nord, Berlin (2021), After the Butcher, Berlin (2020), Mitte Museum, Berlin (2019), ImageMovement, Berlin (2018) und in extenso, Clermont-Ferrand (2017).
Cornelia ist im antimilitaristischen Bündnis „Rheinmetall Entwaffnen“ organisiert und setzt sich aktiv gegen Krieg und Rüstungsproduktion ein.
www.corneliaherfurtner.net
Betül Merve Tekoğlu ist eine in Berlin lebende Bildende Künstlerin. Sie wurde in Istanbul geboren. Seit 2021 unterrichtet sie an der Universität der Künste Berlin. Grundlegend für ihre künstlerische Recherche und Praxis sind performative und kollaborative Prozesse, die sich in Skulptur, Video, Performance und Gesang manifestieren. Projekte u.a. bei 3hd Festival, dem Festival of Future Nows, Hamburger Bahnhof, Selbstuniversität e.V. und der nGbK Berlin.
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